Zwei Lügen mit einer Klappe
Gerne möchte ich euch die Geschichte über die Lügen eines bestimmten Mannes erzählen. Der Abend fing wie immer wunderbar an aber ich erzähle ganz von vorne.
Meine Single-Zebra-Freundin und ich (Hier geht es zum Kontext: Ich bin das Single-Zebra) machten wieder die Stadt mit K unsicher. Wir hatten uns zum Essen gehen verabredet und auf so max. 1 – 2 Gläser Wein. So saßen wir am Heumarkt in einem Restaurant und bestellten uns eine Flasche Wein. Wir sind nicht in vielen Dingen gut aber im Absprachen oder Prinzipien über Bord werfen, sind wir die Endgegner. Die Ausrede lautetet wie immer, dass der Flaschenpreis ein viel besseres Preis-Leistungs-Verhältnis habe.
Wir zogen los, lachend, wissend, dass wir gerade grinsend in unser Verderben liefen.
Natürlich blieb es nicht nur beim Abendessen. Glücklich vom Essen und vielleicht mag die Flasche Wein hier auch eine Rolle gespielt haben, beschlossen wir noch in eine Bar weiterzuziehen, die an Donnerstagen eine After-Hour-Party mit Live-Musik im Programm hatte. Wir zogen los, lachend, wissend, dass wir gerade grinsend in unser Verderben liefen. Denn es endete nie harmlos, wenn wir zusammen spontan loszogen. Kennt ihr den Spruch: Man soll gehen, wenn es am Schönsten ist? Was wir machen, wenn es am Schönsten ist? Wir machen weiter und weiter und machen es mit voller Leidenschaft kaputt.
Sabbernd und dehydriert
Unser Motto ist: Wenn nicht mindestens eine von uns am nächsten Tag sabbernd und dehydriert aufwacht, mit Stempelabdruck des letzten Clubs auf der Stirn und sich fragt, welches Jahr wir haben, dann war es ein verlorener Abend. Das Einzige, was uns wohl noch den A**** rettet, ist das Mindestmaß an Verantwortungsbewusstsein um besagtes Gesäß am nächsten Tag zur Arbeit zu bewegen, um auch zukünftig unsere Abende finanzieren zu können. Glücklicherweise habe ich recht solide kosmetische Fertigkeiten, sodass mir meine Kollegen meine innere Verwahrlosung an den Tagen danach nicht anmerken.
Die Live-Musik war gut, die Männerauswahl schlecht
In der Bar angekommen, wechselte meine Freundin auf Caipirinha und ich auf Cuba Libre. Die Live-Musik war gut, die Männerauswahl schlecht, sodass wir uns beide darauf einigten, dass durchaus die Chance bestand, die hübsche Kellnerin abzuschleppen, obwohl wir beide weder lesbisch noch bisexuell sind. Nein, auch nach 16 Longdrinks werden wir nicht wahllos. Man mag es nicht glauben aber wir behalten auch als angeschossene Rehe unsere Würde.
Angeleckt. Meins.
So schritt der Abend voran. Wir standen an der Theke und ich schaute mich um und mein Blick blieb an einem Mann hängen, der einige Meter von uns entfernt stand. Er war schlicht mit Jeans und Shirt unterwegs, trug eine Brille, war breit gebaut, um die Anfang 40 und er schien alleine dort unterwegs zu sein. Gesehen, abgecheckt, Ziel erfasst. Angeleckt, meins. Ich sage es immer wieder, ich bin eine sehr treue Person. Egal, ob ich in einer Beziehung bin oder ich einen fremden Mann in einer Bar für würdig erwählt habe, unabhängig davon ob er davon weiß oder nicht, bleibe ich auch bei meiner Beute und würdige keinen anderen eines Blickes.
Gesehen, abgecheckt, Ziel erfasst.
Ich visierte ihn an, in meiner Vorstellung tat ich das sehr unauffällig. Die Wahrheit sieht wahrscheinlich so aus, dass ich ihn anstarrte wie ein Löwe seine Gazelle kurz vor dem Angriff. Mein nächster Schritt war, meine Freundin mit mir mit zu zerren um dezent in seiner Nähe zu tanzen. Wie gesagt, die Wahrheit sah vielleicht so aus, dass ich ihm wahrscheinlich auf den Füßen stand und einen imaginären Käfig um ihn herum baute. Denn tatsächlich hatten auch andere Damen sein Potenzial erkannt und tappsten wie kleine Hundewelpen um ihn herum, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Angeleckt, meins. Nach kurzer Zeit sprach er mich an und wir quatschten. Nach außen hin spielte ich die Entspannte, innerlich trommelte ich mir auf die Brust und lobte mich für meine subtile Herangehensweise.
Ich stelle vor: Mein Lügenprinz
Er hatte einen polnischen Akzent und jeder, der mich kennt weiß, dass ein polnischer Akzent mein inneres Kätzchen zum schnurren bringt. Wir unterhielten uns weiter, tanzten und letzten Endes knutschten wir rum. Meine Freundin aber hatte ihren gesunden Alkoholpegel bereits überschritten und Darius, meine polnische Errungenschaft, bot an uns nach Hause zu fahren, was wir annahmen. Nachdem wir meine Freundin abgesetzt hatten und wir zu mir gefahren waren, standen wir mit dem Auto noch vor meiner Haustür und quatschten noch ein wenig. Er erzählte mir, dass er in Belgien arbeitete, 40 Jahre alt sei und 2 Kinder habe. Und in einem dieser drei Fakten, versteckte sich die 1. Lüge. Welche es ist, erfahrt ihr später.
Und in einem dieser drei Fakten, versteckte sich die 1. Lüge.
Wir tauschten Nummern aus. In den folgenden Tagen dateten wir uns einige Male und es waren immer schöne gemeinsame Abende. Er fuhr mich immer nach Hause und meistens saßen wir noch einige Zeit in seinem Auto vor meiner Tür und quatschten ein wenig. Ich mochte ihn sehr gerne. Er hatte etwas sehr ruhiges und entspannendes. Die Gespräche mit ihm waren immer gut, wir hatten uns viel zu erzählen und ich mochte seine Art und die Art der Gespräche, die meistens tiefgründiger waren als ich es von anderen Dates kannte.
Datingphase und Lüge #1
Nach dem 5. Date standen wir wieder mal vor meiner Haustür und ich wollte mich schon fast verabschieden und aussteigen, als er mir eröffnete, dass er mich angelogen habe. Natürlich, es ist ja nicht so als ob ich davon ausgegangen wäre, dass da ein attraktiver, intelligenter, gutaussehender Mann war, der mich ebenfalls gut fand, ohne dass es einen Haken an der Sache gab. Ich antwortete ihm, dass mich das nicht groß wunderte. Er beichtete mir, dass er sich bei unserem Kennenlernen 10 Jahre jünger gemacht hatte als er eigentlich war. Er war also nicht 40 Jahre alt sondern 50. Nun ist es so, dass ich grundsätzlich Männer bevorzuge, die etwas älter sind als ich. Allerdings dachte ich da meist an Männer so um die 10 Jahre älter als ich und nicht an knapp 20 Jahre Unterschied.
Insofern verzieh ich ihm seine Lüge und machte daraus kein weiteres Thema außer der paar Senioren-Witze.
Ich fragte ihn nach dem Grund für seine Lüge und er gestand mir, dass er davon ausgegangen war, dass ich kein Interesse an ihm gehabt hätte, wenn er mir von vornherein erzählt hätte, wie alt er sei. Damit lag er nicht ganz falsch und im Grunde, war es gar nicht so blöd von ihm gewesen, mich diesbezüglich anzulügen. Immerhin hatte ich ihn kennengelernt und mochte ihn. Wenn man einmal Sympathie für jemanden entwickelt hat und auch eine gewisse Anziehungskraft herrscht, dann wird man denjenigen wahrscheinlich nicht wieder aus seinem Leben werfen, aufgrund der größeren Altersdifferenz. Zumindest war das bei mir der Fall. Insofern verzieh ich ihm seine Lüge und machte daraus kein weiteres Thema außer der paar Senioren-Witze, die ich ab diesem Zeitpunkt hin und wieder mal während unserer weiteren Treffen einwarf.
Die nächste Ebene
Für unser nächstes Date verabredeten wir, dass ich ihn Zuhause besuchen sollte, was ich auch tat. Da bis auf ein wenig Knutscherei während unserer Dates nichts Sexuelles passiert war, ging ich davon aus, dass es dieses mal ans Eingemachte gehen würde.
Wir trafen uns bei ihm Zuhause. Er hatte eine Art von Haus, das entweder mit verklärt rosaroten Blick romantisch wirken konnte oder mit einem misstrauischem Blick genauso gut das Haus eines Serienkillers hätte sein können. Ich ließ mal mein Wissen, welches ich mir über jahrelange Arbeit beim Schauen von Medical Detectives angeeignet hatte, Zuhause und ließ die Gemütlichkeit auf mich wirken.
Wir zogen los um draußen zu essen, ich überließ die Entscheidung über die Wahl des Restaurants das erste mal ihm. Schlechte Idee. Wir landeten in einer seltsamen Studentengegend in einem Restaurant, welches diesen Namen nicht verdiente. Er sagte, dass er dort schon einmal gewesen sei und den Laden gut fand. Von außen hätte es auch leicht als Shisha-Bar durchgehen können, von innen ebenfalls. Das Publikum passte genauso zu meiner professionellen Einschätzung und ich fragte mich, was mit diesem Mann nicht stimmte. Schlechter Essensgeschmack hat auf mich die gleiche Wirkung wie Mundgeruch, abtörnend. Es muss für mich kein High-Class Restaurant sein aber jede Currywurst-Imbissbude hatte mehr Charme als dieser Laden.
Lüge #2
Nach dem Essen fuhren wir wieder zu ihm nach Hause und wir schauten uns einen Film auf seiner Couch an. Wir fingen an zu knutschen und mehr, wobei das „Mehr“ keinen Sex implizierte, aber eben alles drumherum. Das „Drumherum“ war sehr aussagekräftig. Aussagekräftig im Sinne von sehr gekonnt. So gut gekonnt, dass meine innere Alarmglocke anschlug. Klar, der Mann war ein halbes Jahrhundert alt und hatte somit bestimmt auch etwas Erfahrung ansammeln können. Aber etwas sagte mir, dass das nicht der Grund war. Weibliche Intuition ist schon etwas Feines. So sprach ich ihn einfach darauf an. Der Dialog entrollte sich in ungefähr so:
Ich: Wo hast du das gelernt?
Er: Was meinst du?
Ich: Ja, das, was du gerade mit mir gemacht hast.
Er: Wenn ich dir das sagen würde, dann würdest du nichts mehr mit mir zu tun haben wollen.
Ich innerlich: Volltreffer! Aber was hat er nur getan?
Ich wieder zu ihm: Erzähls mir bitte.
Er: Nein, wie gesagt, du würdest mich nicht mehr sehen wollen.
Ich: Warst du mal Pornodarsteller oder im Escortservice? Lass mich doch entscheiden, wie ich damit umgehe.
Er: Nein, kein Pornodarsteller und auch kein Escortservice.
Ich innerlich: Wenn er so betont, dass es weder Porno noch Escort ist, dann bewege ich mich gerade doch in die richtige Richtung.
Es folgten noch einige „Erzähls mir.“ und „Nein, du würdest den Kontakt abbrechen.“, sodass ich mir langsam Sorgen machte und mich fragte, ob ich mich doch in eine Medical-Detectives-würdige Situation gebracht hatte. Letzten Endes ließ ich nicht locker und er gestand, woher er sein Können hatte.
Er: Ich war das erste Mal in einem Swinger Club als ich 20 Jahre alt war und bin seitdem in der Swinger Club Szene und habe da auch selbst Partys veranstaltet.
Zusammengefasst fand ich heraus, dass er Gruppenorgien und Partnertäusche feierte, während ich gerade lernte aufs Töpfchen zu gehen. Das erklärte sein Maß an Kompetenz, zumindest auf diesem Fachgebiet. Offensichtlich hatte ihn der regelmäßige „soziale Austausch“ aber nicht gelehrt, von vornherein ehrlich mit Menschen umzugehen und sie in solch wichtigen Belangen eben nicht anzulügen.
Er feierte Gruppenorgien und Partnertäusche, während ich gerade lernte aufs Töpfchen zu gehen.
Ich verurteile niemals einen Menschen für sexuelle Präferenzen oder andersartige Lebensarten, die über das „Normal-sein“ (was auch immer wir genau darunter definieren) hinausgehen, solange dadurch niemand anderes verletzt wird. Allerdings war für mich klar, dass er somit als potenzieller Partner ausschied. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich schon seit einiger Zeit nicht mehr an die ewige sexuelle Treue von Männern glaube, was an meinen Erfahrungen mit Männern liegt. Auch gehöre ich grundsätzlich zu den Menschen, die sagen: „Sag niemals nie.“.
Allerdings möchte ich eine Beziehung zumindest unter der Illusion beginnen, dass sexuelle Intimitäten lediglich exklusiv ausgetauscht werden. Was im späteren Verlauf passiert, ob man irgendwann nach einer schönen gemeinsamen Zeit getrennte Wege geht, ob ich vielleicht sogar in der Lage wäre einen Seitensprung zu verzeihen oder sogar das Konzept einer offenen Beziehung ausprobieren würde, steht in den Sternen. Momentan empfinde ich für mich keine der genannten Optionen als wirklich erstrebenswert oder akzeptabel.
Ich traf mich noch wenige Male mit Darius weil ich dachte, dass ich ihm zumindest die Chance geben sollte, dass wir uns weiter kennen lernen konnten. Allerdings merkte ich, dass unsere Treffen für mich nicht mehr die gleiche Wertigkeit hatten, wie vor seinen Lügen.
Wahrscheinlich hatte ich ihm die Alterslüge verziehen aber, dass er ein Swinger war und dieses Hobby auch für eine Frau nicht aufgeben würde, war für mich letztendlich der Grund weswegen ich es beendete. Darüber hinaus hatte ich kein Interesse daran, weitere Lügen zu entdecken, denn Geheimnisse schienen sein Ding zu sein, auch wenn er die Lügen unter dem Deckmantel der guten Intention versteckte. Und das war die Geschichte über die Lügen des Darius und der Grund weswegen er es nicht wurde.
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